Wetterauer Zeitung vom 22.07.2022:
Ereignisse der Neuzeit – Peter Gbiorczyk hält einen Vortrag zu Zauberglauben und Hexenverfolgung in Assenheim.
Von: Udo Dickenberger
Niddatal-Assenheim (udo). Bei einer Veranstaltung des Geschichtsvereins hat der Dekan im Ruhestand Peter Gbiorczyk im Bürgerhaus über den Zauberglauben und die Hexenverfolgung in Assenheim von 1564 bis 1604 referiert.
Der Ehrenvorsitzende des Geschichtsvereins, Thomas Lummitsch, begrüßte das Publikum und stellte den Referenten vor. Pfarrer Michael Himmelreich schloss sich mit Grüßen an. Gbiorczyk hat den Vorgängen das sechste Kapitel seines Buchs »Zauberglaube und Hexenprozesse in der Grafschaft Hanau-Münzenberg im 16. und 17. Jahrhundert« gewidmet. Erschreckend sei, dass die Ereignisse sich in der Neuzeit abgespielt hätten.
Die Angeklagten sollen einen Teufelspakt eingegangen sein, heißt es im Vortrag. Auch sollen sie Geschlechtsverkehr mit ihren dämonischen Liebhabern gehabt und mit diesen beim Hexensabbat getanzt haben. Eine Angeklagte überlebte den Prozess. Vier weitere angeklagte Frauen aus Assenheim und Bruchenbrücken gestanden unter Folter – sie starben 1545 auf dem Scheiterhaufen. Nur Margarethe Hanzel sei dem Feuertod entgangen, da sie bereits nach der Folter gestorben sei.
In der Kleinen Eiszeit und ihrer Klimaverschlechterung folgten in den Jahren 1561/62 auf kalte Winter regenreiche Sommer mit Hagel und Hochwasser. Missernten führten zur Verknappung der Lebensmittel. Hunger und Verarmung bewirkten Spannungen in der Bevölkerung. Man suchte nach Ursachen und meinte, sie im Wetterzauber zu finden. Frauen schlossen angeblich einen Pakt mit dem Teufel ab. Demnach verlieh der Satan solchen Hexen magische Kräfte, die sie zum Schaden von Mensch und Vieh einsetzten.
Hexenprozesse von 1430 bis 1780
Der Referent führte aus, von 1430 bis 1780 hätten legale Hexenprozesse stattgefunden – eine Ursache sei die Klimaverschlechterung gewesen. Nasse und kalte Sommer bewirkten Ernteausfälle und Seuchen.
Unter Folter wurden die Namen von Mitschuldigen erpresst. 1532 wurde unter Karl dem Fünften laut Gbiorczyk eine peinliche Gerichtsordnung erlassen. Vor der Folter fand eine Befragung in Güte statt,
Der Referent wandte sich den Vorgängen in Assenheim zu: Die drei Herrschaften Solms, Isenburg und Hanau mussten sich verständigen. Bei Misshelligkeiten wurden zur Klärung zunächst die Kirchenvorstände eingeschaltet. 1564 erfolgte beim ersten Prozess in Assenheim eine Anzeige wegen des schlechten Wetters. Seit 30 Jahren bestand der Verdacht. 1575 wurde eine Zauberin aus Bruchenbrücken gefangen und gefoltert.
Die Gefolterten zeigten weitere Schuldige an. Verdacht und Leumund spielten in den Prozessen eine große Rolle. Das Zweite Buch Mose lieferte eine Grundlage für die Verfolgung von Zauberinnen.
Zudem zeigte Gbiorczyk einige Folterinstrumente: Armschrauben und Beinschrauben. Eine Delinquentin berichtete in den Quellen von der Begegnung mit einem Dämon. Die Natur des Teufels sei kalt.
Der Referent erläuterte, dass vergleichbare Aussagen gemacht wurden, weil sich die Aussagen aneinander orientierten. Jeder Angeklagte wusste, welches Geständnis erwartet wurde. Nachbarschaftsstreitigkeiten bewirkten Verdächtigungen. Einzelne Juristen standen den Hexenprozessen kritisch gegenüber. Es wurde erkannt, dass oft Unschuldigen geschadet werden sollte.
Fragen galten den Möglichkeiten eines Verteidigers: Bittschriften konnten eine Milderung des Urteils bewirken. Große Unterschiede zwischen den Konfessionen gab es nicht. Fragen galten zudem dem Aufspüren des Materials.
Zur Person: Peter Gbiorczyk, Jahrgang 1941, war nach dem Studium der Evangelischen Theologie an den Universitäten Göttingen und Heidelberg Stadtjugendpfarrer in Marburg, Gemeindepfarrer in der Region Hanau, in Buenos Aires (Argentinien) und von 1989 bis zum Eintritt in den Ruhestand 2005 Dekan des Kirchenkreises Hanau-Land. Seitdem ist er Verfasser von Monographien und Aufsätzen, vor allem zu regionalen Schul- und Kirchengeschichte. pm